Der Vorläufer des Interuni-Seminars war ein Ferienblockseminar, das 1977/78 von TSUJI Hikaru von der Fakultät für allgemeine Bildung der Universität Tokyo ins Leben gerufen und zusammen mit seinen Kollegen wie MISHIMA Kenichi geleitet wurde. Zuvor hatte es ein fakultätsinternes, inoffizielles Blockseminar gegeben, das nun auch Studierenden anderer Universitäten Japans offenstand. Eine Vielzahl von Germanistik- und Philosophiestudierenden wurden dazu eingeladen. Es handelte sich um ein spontan entstandenes Ferienseminar von Gleichgesinnten ohne jegliche Organisation. Es wurde jedoch bald deutlich, dass Professoren wie Studierende ein starkes Bedürfnis hatten, die Grenzen zwischen den einzelnen Hochschulen abzubauen. Somit entwickelte sich dieses Ferienseminar rasch zu einer regelmäßigen Veranstaltung. Das erste, noch namenlose interuniversitäre Seminar fand im heißen Sommer 1978 am Kawaguchiko-See statt. Es fehlte lediglich noch ein passender Name. Deshalb wurde beim dritten Ferienseminar ein Namenswettbewerb veranstaltet. Der Gewinner, SAITÔ Yoshihiko, schlug den Namen „Interuni-Seminar“ vor, der bis heute verwendet wird.
Das Interuni-Seminar erhielt von Anfang an großzügige Unterstützung vom Goethe-Institut und vom DAAD. Insbesondere Kajo Niggestich und Hans Bauer, die stellvertretenden Institutsleiter des Goethe-Instituts Tokyo in den 1980er Jahren, zeigten nicht nur großes Verständnis und Interesse, sondern beteiligten sich auch aktiv an der Organisation des Seminars. Das Goethe-Institut übernahm damals verschiedene Verwaltungsaufgaben des Seminars wie beispielsweise die Versendung von Informationen und Ausschreibungen. Eine Zeit lang gab es sogar ein regelmäßiges „Interuni-Monatstreffen“ im Goethe-Institut Tokyo.
Viele Professoren und Deutschlehrer haben zum Interuni-Seminar beigetragen. Insbesondere YOSHIJIMA Shigeru – damals Professor an der Universität Tokyo, später an der Seitoku Universität – übernahm 20 Jahre lang die Verantwortung als Leiter der Interuni-Organisation. Es war auch Yoshijima, der 1981 zusätzlich zum Sommerseminar für Fortgeschrittene das Junioren-Seminar im Frühjahr gegründet hat. Seitdem fanden das Juniorenseminar in Seminarhaus der Dokkyo-Universität in Shinkashi und das Sommerseminar in Nojiri regelmäßig statt.
Yoshijima war äußerst tatkräftig und geschäftstüchtig, vor allem bei der Organisation und Verwaltungsarbeit, wie es kein anderer hätte nachmachen können. Mit scheinbarer Leichtigkeit überwand er stets unterschiedlichste Schwierigkeiten und sicherte die Finanzierung des Interuni-Seminars, damit es jedes Jahr stattfinden und sich weiterentwickeln konnte. Ein japanisches Sprichwort besagt: „Im Weitergehen liegt die Kraft.“ Yoshijima, oft respektvoll als „Vater des Interuni-Seminars“ bezeichnet, demonstrierte mit seiner langjährigen Arbeit am Seminar die Richtigkeit dieses Sprichworts. Viele Professoren und Lehrende aus den Bereichen der Germanistik, Linguistik und Deutsch als Fremdsprache folgten Yoshijimas Ruf und nahmen begeistert am Interuni-Seminar teil. (Die Kollegen aus Westjapan, die damals am Interuni-Seminar teilnahmen und von der Idee begeistert waren, gründeten dann das eigene „Interuni-Westjapan“. Leider besteht derzeit keine Zusammenarbeit zwischen den beiden Interuni-Seminaren ost und west.)
Darauf folgte die nächste Generation mit jüngeren Kollegen, die die Seminarleitung übernahmen, darunter auch viele ehemalige studentische Teilnehmer des Interuni-Seminars. Es wäre unmöglich, alle Namen zu nennen; jedoch sei zumindest darauf hingewiesen, dass Professoren wie KAKINUMA Yoshitaka (Dokkyô), SAKAI Kazumi (Keiô), ÔISHI Kiichirô (Tokyo), HOSHII Makiko (Waseda) und HAMAZAKI Keiko (Rikkyô) abwechselnd die Organisationsarbeit der Sommer- bzw. Juniorenseminare übernahmen und über mehrere Jahre hinweg die Verantwortung trugen. Seit der Jahrtausendwende werden die beiden Interuni-Seminare von AIZAWA Keiichi (Tsukuba/Dokkyo) zusammen mit Stammkollegen wie Kamakura Sumi (Gakushûin) und freiwilligen Mitarbeitern organisiert und durchgefüht.
Oft waren wir von der Eigendynamik der Teilnehmer nach dem einmaligen Treffen am Seminarort überrascht. Zum Beispiel haben wir öfters erfahren, dass einige ehemalige Teilnehmer des Interuni-Seminars, die ihr Studium bereits abgeschlossen haben, sich regelmäßig in Tokyo treffen und weiter gemeinsam frühmorgens Deutsch lernten. Oder Teilnehmer des Interuni-Seminars haben oft miteinander, auch in Deutschland, ein Netzwerk gegründet. Unter den Teilnehmern eines früheren Sommerseminars bestehen auch regelmäßige Kontakte zu Gästen aus Korea. Ein ehemaliger Teilnehmer vor Jahrzehnten, der an einer Universität im Ausland als Mathematikprofessor arbeitet, besuchte das Junioren-Seminar wieder als studentischer Teilnehmer. 2008 bis 2011 nahm sogar die Tochter eines japanisch-deutschen Ehepaares, das sich vor über 20 Jahren beim Interuni-Seminar kennengelernt hatte, am Interuniseminar teil und lebt jetzt in Deutschland mit ihrem Mann zusammen, den sie ebenso im Interuniseminar kennen lernte.
Einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte des Interuni-Seminars markierte das Jahr 2011. Am 11. März waren mehr als 100 Teilnehmer in zwei gemieteten Bussen im Seminarhaus der Dokkyo-Universität in Shinkashi in der Präfektur Fukushima gerade angekommen, um am 30. Juniorenseminar teilzunehmen, als die Erde plötzlich heftig schütterte. Das war eine Viertelstunde vor dem geplanten Beginn des Seminars. Die einzige Aufgabe der Organisatoren des Semiars lautete: alle teilnehmende Studierende heil und sicher nach Hause zu bringen. Nach den Explusionen in den Kernkraftwerken wurde das Seminar am dritten Tag abgebrochen, und alle Teilnehmer konnten wir mit den Bussen nach Tokyo bringen, die wir zufällig aus Kooriyama holen konnten. Später mussten wir erfahren, dass das Shinkashi-Seminarhaus aufgrund der Erdbebenschäden nicht mehr genutzt werden kann.
Im gleichen Jahr teilte uns das Gasthaus Hotori-Sô am Nojiri-See, in dem wir von Anfang an unser Sommerseminar veranstaltet hatten, mit, dass ein großes Seminar wie unseres nicht mehr im alten Haus abgehalten werden könne. Seit 2012 sind wir deshalb ständig auf der Suche nach geeigneten Veranstaltungsorten.
Eine große Hilfe war das freundliche Angebot der International University of Health and Welfare, ihr Seminarhaus in Nasu von 2013 bis 2018 regelmäßig unserem Juniorenseminar zur Verfügung zu stellen.
Für das Sommerseminar haben wir am Yamanakako-See ein nettes Gasthaus namens „Lakeside Inn Fujinami“ gefunden.
Im Sommer 2019 durften wir das 40-jährige Jubiläum des Interuni-Seminars mit einem Japanisch-Koreanischen Sonderseminar in Nikkô zusammen mit 13 studentischen Gästen aus Korea feiern, die vom Goethe-Institut Seoul nach Japan eingeladen wurden.
Nach diesem kleinen Höhepunkt planten wir als Nächstes das 39. Juniorenseminar für März 2020, das wir jedoch kurzfristig absagen mussten aufgrund der raschen Verbreitung der Corona-Pandemie. Danach pausierte das Interuni-Seminar für vier Jahre.
Auch während dieser Zeit erhielten wir immer wieder Nachrichten von ehemaligen Teilnehmern, die ihr Interesse an der deutschen Sprache beibehalten und uns nahegebracht haben, dass das Interuni-Seminar unbedingt wieder stattfinden MUSS. So bereiten wir uns erneut auf das 39. Juniorenseminar vor und hoffen, dass das bewährte Konzept weiterhin funktioniert…
Oktober 2008, aktualisiert im November 2023
Organisationskomitee des Interuni-Seminars
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